Persönlichkeitsentwicklung
3. März 2011

Selbstbewusst mit Angst umgehen

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Kann man selbstbewusst sein, wenn man Angst hat?

Kann man “man selbst” sein, wenn man Angst hat?

Und wo ist der Unterschied?

Wenn wir uns nicht mit einem unerreichbaren Ideal vergleichen, sondern uns so akzeptieren, wie wir sind — hin und wieder ängstlich —, gibt es keinen Unterschied.

Ängstliche Menschen machen einen Fehler. Sie vergleichen sich mit einem Ideal eines selbstbewussten Menschen, der ihrer Meinung nach keinerlei Ängste empfindet.

Dieses Ideal gibt es aber nicht. Jeder noch so selbstbewusste Mensch wird in irgendeinem Bereich immer mal wieder Angst oder zumindest Nervosität empfinden und sich Sorgen machen.

Was heißt denn “selbstbewusst”? Doch nur, sich seinem Selbst bewusst zu sein und danach zu handeln.

Wenn wir “selbstbewusstes Handeln” bewundern, dann bewundern wir doch letztlich nur die Fähigkeit, nach den eigenen Überzeugungen zu handeln und sich selbst nicht zu verraten. Dass man dabei keine Angst empfinden darf ist ein Märchen.

Dann gibt es also nur noch eine Möglichkeit:

Selbstbewusst sein TROTZ Ängsten. Geht das?

Ja! Aber auch hier liegt man falsch, wenn man glaubt, man müsse zuerst selbstbewusst sein, bevor man mit seinen Ängsten gut umgehen kann.

Der sinnvollere und zielführendere Ansatz ist, zu trainieren, selbstbewusst zu seinen Ängsten zu stehen.

Wenn wir kein Problem mehr damit haben, zuzugeben, wie wir uns fühlen, werden auch unsere Ängste weniger, denn ein Großteil der Angst besteht ja aus der Sorge, wie andere über uns denken und urteilen, wenn sie merken, dass wir Angst haben.

“Jeder” hat doch Verständnis für jemanden, der sich ein Bein gebrochen hat und darum nicht rennen kann. Bei Ängsten verhält es sich genauso, nur dass unsere Einschränkung nicht körperlicher, sondern mentaler Natur ist.

Wieso erwarten wir, dass jemand, der gerade Angst empfindet und darum nur mit einem Bein unterwegs ist, genauso schnell und sicher laufen kann, wie jemand mit zwei Beinen?

Die gute Nachricht ist: Bei Ängsten können wir uns ein zweites Bein nachwachsen lassen.

Der erste Schritt ist, selbstbewusst zu den eigenen Ängsten zu stehen. Wenn Sie offen und ehrlich zugeben können, dass Sie Angst haben, Ihre Angst zeigen und trotzdem wissen, dass Sie wertvoll sind und den Mitmenschen etwas geben können, dann haben Sie den größten und wichtigsten Schritt geschafft.

Wenn Sie Angst haben, wegen Ihrer Ängste abgelehnt zu werden, fragen Sie sich: “Will ich mein Leben mit Menschen verbringen, die mir nicht einmal Schwächen zugestehen?” und treffen eine selbstbewusste Entscheidung darüber, ob Sie das wollen. DAS ist Selbstbewusstsein.

Nicht die Menschen um Sie herum entscheiden dann, ob Sie genug wert sind, dass man sich mit Ihnen abgibt, sondern SIE entscheiden, ob Sie Ihre Lebenszeit wirklich mit Menschen verbringen wollen, die kein Verständnis für Schwächen haben.

Stehen Sie zu Ihrer Angst und machen sich NICHT von der Akzeptanz des Gegenübers abhängig.

Wenn Sie sich nur entspannen können, wenn Sie von Ihrer Angst erzählen und eine positive Reaktion geerntet haben, dann machen Sie sich abhängig, denn Sie geben vor allem denen viel negative Macht über Ihre Gefühle, die sich nicht so gut in Ihre Ängste einfühlen können.

Sie müssen sich die Erlaubnis, Angst zu empfinden und zu zeigen, von sich selbst, und nicht von Ihren Mitmenschen holen.

Ich denke, bei Menschen, die kein Verständnis für Ängste haben, kann man wie folgt unterscheiden:

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Fähigkeit, Ängste zuzugeben, in einer Gruppe von Menschen wahre Wunder im gegenseitigen Umgang miteinander vollbringen kann.

Schwach ist nicht, wer Angst hat. Schwach ist, wer so tun muss, als habe er keine. Wer seine Angst zeigt, hat Mut.

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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