Persönlichkeitsentwicklung
29. Oktober 2011

Der beste Weg, Ängste zu überwinden

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

Wenn Sie Ihre Ängste überwinden wollen, gibt es tatsächlich nur eins: Früher oder später müssen Sie sich ihnen stellen und genau das tun, wovor Sie sich fürchten. Ich habe mehrere Jahre lang allerhand Unsinn ausprobiert, um das irgendwie zu umgehen, um sozusagen passiv an meinen Ängsten zu arbeiten, aber jetzt kann ich Ihnen voller Überzeugung die frohe Botschaft überbringen: Es klappt nicht.

Vorbereiten ist erlaubt, wenn Sie zum Beispiel Informationen über etwas einholen, was dabei hilft, die Dinge in einem rationaleren, harmloseren Licht erscheinen zu lassen. Eine Frage, die auch oft hilft, lautet: „Wie wahrscheinlich ist es, dass …?“, was Sie ehrlicherweise oft mit erstaunlich kleinen Werten beantworten. Und selbst wenn… werden Sie daran sterben? Gab es schon Überlebende?

Letztlich müssen Sie aber selbst durch die Tür zur inneren Freiheit gehen, statt sich nur über die Tür zu informieren – und der einzige Weg aus der Angst führt durch die Angst.

Wie sollten Sie also vorgehen, wenn Sie Ängste haben, die Sie gerne überwinden würden? Hier mein ultimatives Programm dagegen:

  1. Schreiben Sie sich zuerst alles auf, was Ihnen Angst oder auch nur Sorgen / Unbehagen beschert. Zensieren Sie sich nicht. Ordnen können Sie später. Die Liste kann außerdem jederzeit nachträglich ergänzt werden.
  2. Sortieren Sie die Liste so, dass an erster Stelle der schwierigste Punkt steht und der einfachste ganz hinten.
  3. Überlegen Sie sich für jeden Punkt mindestens eine konkrete Situation, anhand derer Sie üben können – gerne auch mehrere unterschiedliche. Sie dürfen auch mehrmals. Schreiben Sie die entsprechenden Situationen unter dem jeweiligen Punkt auf. Was werden Sie tun oder aushalten, wann, wo, mit wem, wie lange?
  4. Definieren Sie für jede Situation, ab wann die Übung als Erfolg gilt: Reicht es, dass Sie nur fünf Minuten in der Menschenmenge bleiben oder wollen Sie bleiben, bis die Veranstaltung vorbei ist? Wann ist das? 60 Minuten? Gut. Gibt es etwas, was Sie währenddessen noch tun müssen, um die Übung zum Erfolg zu machen, oder reicht es, dort rumzustehen?
  5. Sie brauchen etwas „Messbares“, damit Sie sich im Nachhinein nicht einreden können, dass es doch nur Zufall war, dass es diesmal so gut geklappt hat, denn wir sind manchmal sehr kreativ, wenn es darum geht, unsere eigenen Leistungen nicht anzuerkennen. Wie lange müssen Sie was tun, damit die Übung ein Erfolg für Sie wird?
  6. Wenn Sie sich auf einen Punkt vorbereiten, adressieren Sie da schonmal Ihre Befürchtungen. Welche Gedanken hegen Sie genau über die Situation?
  7. Fürchten Sie, die Spinne könnte beißen, ist giftig, wird Sie in ihrem Spinnennetz einwickeln? Sie finden dann beispielsweise die Information, dass Spinnen zwar beißen können, der Biss aber zu schwach ist um überhaupt durch unsere Haut zu gelangen. Giftige Spinnen, die noch dazu mehr auslösen als jede gewöhnliche Mücke auch, gibt es hierzulande außerdem sehr selten und wie diese aussehen lässt sich lernen (es sind soweit ich weiß nur zwei). Die acht Augen und die langen Beine sind auf Nahaufnahmen vielleicht etwas beängstigend anzusehen, dienen aber nur dazu, jedes Bein zu überwachen, damit es sich nicht im eigenen Netz verfängt (kleiner Tollpatsch!). Wichtiger ist jedoch, sich klar zu machen, dass Sie vor Babyspinnen, die im Sommer auf Ihrem Gartentisch rumkrabbeln, auch nicht eskalieren sondern sie einfach an ihrem nervigen, aufgrund unserer Kraft für den Menschen aber völlig uninteressanten Faden wegsetzen. Dass Spinnen so groß erscheinen liegt außerdem nur an den Beinen, die erstrecht völlig harmlos sind. Der Körper ist wesentlich kleiner. Außerdem ergreifen Spinnen immer zuerst die Flucht, statt zu „kämpfen“, und wenn das nicht klappt, stellen sie sich erstmal tot. So — ist Ihre Angst vor den harmlosen Schissern nicht schon etwas geringer geworden?
  8. Arbeiten Sie sich vom einfachsten bis zum schwierigsten Punkt auf Ihrer Liste nach oben. Auf dem Weg dorthin werden Sie viel Selbstvertrauen sammeln, was dazu führt, dass Sie auch die Punkte schaffen, die Ihnen am Anfang noch unmöglich erschienen.
  9. Völlig frei von Angst sind Sie ab dem Zeitpunkt, wenn es Ihnen während der entsprechenden (ehemaligen) Angstsituation langweilig wird. Sie müssen nicht jede Übung soweit treiben bzw. so oft wiederholen, aber sollten Sie bei einigen Übungen diesen Wunsch verspüren, können Sie das als Maßstab nehmen. (Das kann allerdings je nach Übung etwas Längeres werden, ist oft aber gar nicht nötig.)
  10. Fangen Sie wirklich klein an. Sie werden schneller Fortschritte machen als Sie denken.

Frohes Schaffen!

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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