Psychologie
19. Januar 2013

Das Problem der selektiven Wahrnehmung

Von Alexander Rubenbauer, Nürnberg
 

In der Wissenschaft gibt es zuerst Fakten, und anschließend wird eine Theorie entwickelt, die den zusammenhanglosen Fakten einen Sinn gibt. Diese Theorie wird dann in Experimenten getestet und solange für “wahr” gehalten, bis neue Fakten bzw. neue Erkenntnisse hinzukommen, die der Theorie womöglich widersprechen. Und dann wird die Theorie, die vermeintliche “Wahrheit”, an die Realität angepasst.

Umgekehrt wäre es sehr problematisch. Würde man zuerst eine Theorie entwickeln und dann passende Fakten dazu suchen, würde man sehr schnell der selektiven Wahrnehmung anheim fallen.

Die selektive Wahrnehmung besagt, dass, sobald man ein bestimmtes “Ziel” vor Augen hat oder die Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtem liegt, man eine bestimmte Überzeugung hat oder Ähnliches, alles, was diese Überzeugung bestätigt, wahrgenommen wird, und alles andere ausgeblendet wird.

Im Bezug auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung ist es wichtig, sich diesem Mechanismus bewusst zu werden.

Gesundes Denken zeichnet sich durch eine Art von “wissenschaftlicher Herangehensweise” aus, bei der man zuerst die Fakten der Realität sieht und daraufhin sein Handeln und Denken ausrichtet, statt zuerst in einer bestimmten subjektiv-verzerrten Weise zu denken und anschließend entgegen der Realität zu handeln, weil man die Fakten gar nicht sehen konnte oder wollte.

Gesünder denkende Menschen unterschätzen und überschätzen sich weniger, sie überprüfen ihr Denken an der Realität und sehen sich mehr als kleinen Teil des Ganzen, was zu weniger Egoismus führt.

Weniger gesundes Denken zeichnet sich dadurch aus, dass man die objektive Realität am liebsten gar nicht wirklich sehen will oder kann.

Ein extremes Beispiel für ein solches realitätsfernes Anhängen an bestimmten Ideen wäre die Zeit des Nationalsozialismus und der Holocaust.

Aber auch im Alltag kann man ständig diese Beobachtung machen: Menschen hören und sehen nur, was sie sehen und hören wollen, und wehren sich mit Händen und Füßen gegen alles, was ihrer subjektiven Auffassung der Realität zuwiderläuft.

 

Über den Autor
Alexander Rubenbauer ist Psychologe (M. Sc.) und Psychologischer Psychotherapeut. Er bietet Psychotherapie sowohl persönlich in Herrieden bei Ansbach als auch über das Internet an. Er ist per E-Mail erreichbar.

 

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